Anrufung des großen Bären
Großer Bär, komm herab zottige Nacht,
Wolkenpelztier
mit den alten Augen,
Sternenaugen,
durch das Dickicht brechen
schimmernd
deine Pfoten mit den Krallen,
Sternenkrallen,
wachsam
halten wir die Herden,
doch gebannt von dir, und mißtrauen
deinen
müden Flanken und den scharfen
halbentblößten
Zähnen,
alter Bär.
Ein Zapfen: eure Welt.
Ihr: die Schuppen dran.
Ich treib sie
roll sie
von den Tannen im Anfang
zu den Tannen
am
Ende,
schnaub sie an, prüf sie im Maul
und pack zu mit den
Tatzen.
Fürchtet euch oder fürchtet euch
nicht!
Zahlt in den Klingelbeutel und gebt
dem blinden Mann ein
gutes Wort,
daß er den Bären an der Leine hält.
Und
würzt die Lämmer gut.
s' könnt sein, daß dieser Bär
sich losreißt,
nicht mehr droht
und alle Zapfen jagt, die von den Tannen
gefallen
sind, den großen, geflügelten,
die aus dem Paradiese
stürzten.
(Ingeborg Bachmann)